Für Broadly Deutschland habe ich über Mindfulness und Privilegien geschrieben.
Makellosmag: Fleabag ist die beste Serie, die 2016 niemand gesehen hat
Für makellosmag.de habe ich über Fleabag, die beste Serie, die 2016 niemand gesehen hat, gebloggt.
Reiseziele, die wie Online-Dates sind: Island
Als ich ein Teenager war, wünschte ich mich oft an einen cooleren, besseren Ort: nach Island. Da wäre die wilde, unberührte Natur, viel Ruhe für mich selbst und sicher ganz großartige, nette Menschen. Vor ein paar Tagen bin ich aus einem Kurzurlaub in Islands Hauptstadt Reykjavik zurückgekehrt. Ich kann berichten: Manche Reiseziele sind wie Online-Dates. Man sollte sie so schnell wie möglich besuchen, sonst baut man Erwartungen auf, denen nichts und niemand gerecht werden kann. Damit euch nicht passiert, hab ich meine fünf größten Erwartungen an einen Islandurlaub einem Realitätscheck unterzogen.
- Das Wetter
Nicht jeder sieht aus wie eine Schneekönigin. Erwartung: Es wird frisch und kühl sein. Statt zu schwitzen wie ein Schwein, werde ich edel und rosig durch die Natur schreiten.
Tatsache: Der Wind bläst die ganze Zeit. Immer. Aus allen Richtungen. Man sieht wenig edel und rosig aus, wenn man ständig beschäftigt ist, sich die Haare aus dem Mund zu friemeln. Außerdem wechselt das Wetter sehr häufig, was zur Folge hat, dass man gefühlt ständig damit beschäftigt ist, sich aus seiner wenig schmeichelhaften Funktionskleidung zu schälen oder seinen Kopf tiefer in seiner wenig schmeichelhaften, aber sehr warmen Funktionsjacke zu vergraben. - Das Essengehen
Island. Wo Hummersuppe vergleichsweise günstig ist. Erwartung: Fermentierter Hai, komischer Käse: Darauf verzichte ich gern. Und klar, die Insel wird teuer sein, auswärts Essen also eher ein kleiner Luxus. Aber wie teuer kann ein Stück Kuchen schon sein?
Tatsache: Ein Stück Kuchen kann bis zu fünfzehn Euro kosten, wenn man an den Touristenhotspots rumhängt (danke, Bustour!). Aber keine Sorge, es geht auch billiger: läppische neun Euro bezahlt man in kleineren Cafés abseits der Haupttouristenpfade. Verhungert bin ich trotzdem nicht. Ich war vergleichsweise „günstig“ Fisch essen bei Verbúð 11: Rund dreißig Euro kostet ein riesiger Lachsspieß und hausgemachte Hummersuppe. Überrascht war ich auch, dass das Bier dort „nur“ rund acht Euro gekostet hat. - Die Natur
Die Natur will euer Geld gar nicht. Erwartung: Eine Naturschauspiel jagt das nächste. Geysire, Lavagestein, Nordlichter: Island wird mich 24/7 mit seiner tollen Natur flashen.
Tatsache: Die Natur ist unglaublich schön, aber karger, härter und rauer als ich erwartet hatte. Faszinierend ist aber, dass man anfangs glaubt, Ebenen und Täler würden sich ewig ziehen, um dann festzustellen, dass hinter der nächsten Kurve eine ganz andere Landschaft wartet. Islands Natur hat mich nicht enttäuscht, sondern mich vielmehr mit ihrer Vielfältigkeit und Wildheit überrascht. - Die heißen Quellen
Fotoverbot im Thermalbad. Deshalb ein Foto der Ferienwohnungskatze. Erwartung: Ich hasse Thermen, weil ich das Gefühl habe, für viel Geld in warmem Wasser wie ein Würstl zu sitzen. Außerdem ist die berühmte „Blue Lagoon“ eine Touristenfalle, der ich (danke, Bustour!) entgehen wollte.
Tatsache: Ich war in einem städtischen Thermalbad neben meiner Ferienwohnung, und obwohl ich eigentlich keine Lust hatte, bei fünf Grad draußen zu schwimmen, muss ich gestehen: Das war das Highlight meiner Reise. Erstens hat es sich herausgestellt, dass ich es liebe, wie ein Würstl in warmem Wasser zu sitzen. Ich war so entspannt wie seit langem nicht mehr. Zweitens liebe ich es, dass es weniger Fleischbeschau wie oft am Meer und Freibad ist, sondern eher Grätzl-/Kiez-Treff, bei dem offensichtlich getratscht und gelacht wird. Selbst Tage nach dem Städtetrip denke ich oft an den schönen Vormittag im Thermalbad und wünsche mir, sowas neben meiner Wohnung zu haben. - Die Stadt
Hashtag Real Beauty Needs No Filters. Erwartung: Ein Städtchen, das mit nordischer Architektur und malerischer Natur aufwartet. Kleine Cafés und ausgefallene Läden (es gibt etwa keinen McDonalds oder H&M in Island) komplettieren das Bild der coolen Nordstadt.
Tatsache: Reykjavik hat knapp 120.000 Einwohner. “Städtchen” trifft es also ganz gut. Nach etwa drei bis vier Tagen hat man wirklich so ziemlich alle Sehenswürdigkeiten gesehen. Die kleinen Cafés sind teuer (siehe Essen), genauso wie die unabhängigen Läden. Statt bummeln und bei Kaffee und Kuchen über das Leben zu sinnieren, ist eher Window Shopping und Eating angesagt. Die Natur ist aber in der Tat sehr malerisch. Vor allem, wenn immer mal wieder hinter Häuserreihen die beeindruckenden Gebirgsreihen aufragen, ist das atemberaubend schön.
Fazit: Wenn euch ein Reiseziel oder Online-Date sympathisch ist: Nix wie hin. Auch wenn’s nur etwas Kurzes für’s Wochenende ist, ist man danach zwar um ein paar Illusionen ärmer, aber um viele Erfahrungen reicher.
Bonus-Erkenntnis, die sich nicht auf Island beschränkt: Bus-Touren
Erwartung: Ich werde gemütlich im Bus sitzen und die Aussicht genießen. Die Zwischenstopps an wichtigen Sehenswürdigkeiten werden einen kleinen Einblick in das Leben auf der Insel gewähren.
Tatsache: Als Sartre geschrieben hat: „Die Hölle, das sind die anderen“, hat er wohl eine Bustour in Island gemacht. Ich wusste nicht, dass ich mir wildfremde Menschen so schnell hassen würden könnte, aber doch, es ist durchaus möglich. Alles, was man dazu braucht, sind acht Stunden Zeit, einen Reiseführer, der die gesamte Busfahrt über plappert und 1,5 Stunden Aufenthalt an Orten, an denen es gereicht hätte, sich fünf Minuten die Beine zu vertreten. Mischt man das noch mit Eigenwilligkeiten der Mitreisenden, die jeder Mensch so hat, ist eines ganz sicher: NIE WIEDER BUSTOUREN.
Ich bin langweilig und das ist auch okay so
Hässlich, dumm, gemein – jede Beleidigung scheint besser zu sein, als „langweilig“. Blöd nur, wenn du eher Li-La-Langeweile-Bär statt Party-Tiger bist, weil dich all die spannenden Events ermüden, genauso wie zu viel soziale Interaktionen. Warum ich gerade jetzt über meine eigene Langweiligkeit schreibe und was Schmetterlinge und Schildkröten damit zu tun haben, lest ihr hier.
In meinem letzten Blogbeitrag schrieb ich, dass ich langweilig bin. Eine sehr nette Freundin (Hallo Johanna!) schickte mir bald eine Nachricht, dass das doch nicht stimme. Weil sie ein netter Mensch ist, weiß ich, dass sie das sagt, weil sie mich gern hat. Einem lieben Menschen will man keine negativen Adjektive zuschreiben. Und mir scheint, dass “langweilig” für viele das schlimmste ist, was man ihnen nachsagen kann.
Aber ich empfinde es nicht beleidigend. Eher als Beschreibung meiner Person. Ich kenne mich selbst gut genug und habe kein Problem damit zuzugeben: Ich bin ein langweiliger Mensch, der nie die coolen neuen Dinge macht, sondern lieber die altbekannten und lieb gewonnen. Es ist nur eine weitere Seite meiner Persönlichkeit, neben Highlights wie “Wenn ich auf der Straße einen Hund sehe, fange ich an in Babysprache mit ihm zu sprechen“ oder „Ich hasse Leonardo DiCaprios Image-Strategie mit jeder Faser meines Herzens“.
Bis zum Morgengrauen in einem angesagten Club tanzen? Danke, ich hau mir eher die Nacht um die Ohren, weil ich eine neue Serie gefunden habe. Am Wochenende mal eine kleine Wanderung auf den nächsten Berg? Lass mal, ich bin wohl eher wieder zu einem menschlichen Takko geworden und liege auf meiner Couch. Kurz gesagt: Spannend, das sind die anderen.
Ich glaube, dass mein Unwille, ständig etwas Aufregendes zu machen und zu tun vor allem auf zwei Faktoren beruht: Meiner Sturheit und meinem Bedürfnis nach Gemütlichkeit. Beide Dinge scheinen unendlich zu sein.
Wenn mir jeder – vom Tagesspiegel-Newsletter über die Vogue hin zum New Yorker – erklären will, dass ich doch verflucht noch mal meine Freizeit zu verplanen habe, weckt das Trotzreaktionen in mir und ich werde stur. Alle gehen wandern? Fein, ich verbringe meinen Sommer auf einer Decke im Park liegend. Alle gehen tanzen im Club? Cool, an einem wilden Abend trinke ich mein Bier in der Kneipe ums Eck und bin um elf im Bett. Ob es erwachsen ist, sich von der Mehrheitsmeinung in die genau entgegengesetzte Richtung drängen zu lassen? Wahrscheinlich nicht. Aber ist es so viel klüger, sich von ihr eine Angst vor dem Nichtstun einreden zu lassen?
Was meine Sturheit, dem gesellschaftlichen “Nur verplante Zeit ist wertvolle Zeit”-Motto nicht in die Hände zu spielen, zusätzlich befeuert, ist mein unstillbarer Drang mich auszuruhen. Ausruhen wovon, fragt ihr? Keine Kinder, keine Haustiere, kein Sklaventreiber-Job. Wovor musst du dich ausruhen, privilegiertes Mädchen?
Von der Welt.
Klingt jetzt krass melodramatisch und ein wenig nach Selbstmordgefahr. Aber ich will eigentlich nur sagen: Es erschöpft mich, draußen zu sein und Dinge zu machen. Ich bin nämlich kein sozialer Schmetterling, der von Person zu Person flattert und gute Laune verbreitet. Eher bin ich eine soziale Schildkröte, die langsam und schwerfällig Kontakte knüpft und erhält. Und weil eben alles so, so anstrengend ist, brauche ich einfach so verflucht viel Zeit um mich auszuruhen. Was wiederum nur funktioniert, wenn ich allein bin.
Manchmal glaube ich fast, dass ich nicht wie alle Lebewesen von den vier großen Fs (Fighting, Fleeing, Feeding, Fucking) motiviert bin, sondern nur dem einen großen “G” entgegenlebe: Gemütlichkeit. Alles außerhalb meiner Komfortzone strengt mich an: Konzerte, Barbesuche, Sportevents, ja manchmal sogar einfach nur ein Einkauf.
Warum ich das erzähle? Es ist Anfang März. Es fängt bald die “schöne Zeit des Jahres” an, wo man “Sachen machen” kann und doch verflucht noch mal auch soll! Ist doch “schade”, wenn man die schönen Tage nicht nutzt. Dabei frage ich mich: Warum muss ich meine Freizeit nutzen? Ich wusste nämlich gar nicht, dass der Sinn von Entspannung ist, freie Zeit nützlich zu verbringen.
Egal, wie ich zu Leuten stehe, die 1001 Dinge an ihren Wochenenden machen, ich habe ihnen nie gesagt, dass ich es “schade” finde, was sie da tun. Oder dass sie es mal bereuen werden, viele Freizeitpläne zu haben. Aber würde ich bis Herbst für jeden vergleichbaren Kommentar zu meiner “langweiligen Freizeitgestaltung” einen Euro zur Seite legen, könnte ich im Oktober einen schicken Gänsebraten essen gehen.
Erzählt mir gerne, was ihr so gemacht habt, ich freu mich über jede durchtanzte Nacht, jeden erklommenen Berggipfel und jede Restaurantneuentdeckung. Aber verurteilt mich nicht, weil ich mir zum 100. Mal “Sweet Home Alabama” angesehen und Chips auf meiner Couch gegessen habe. Meine Langeweile ist nämlich nichts Negatives, sie ist einfach ein Teil von mir.
Sechs Urlaubstipps für herrlich langweilige Menschen: Brighton
Party, Koks und wilde Orgien? Ne, lass mal. Anstatt einer To-See-Liste gibt es hier sechs Tipps für einen langweiligen Urlaub in Englands kleiner Partyhauptstadt am Meer: Brighton. Nichts Außergewöhnliches, nicht Spannendes. Aber hey, irgendwer muss auch Reisetipps für die langweiligen Leute schreiben. Und als Königin der gemütlichen Urlaube mache ich das sehr gerne.
Falls ihr euch gewundert habt, warum es letzte Woche keinen Beitrag gab: Ich war im Urlaub. In Brighton, dem kleinen Bruder Londons. Um meine Marke als Lifestyle-Bloggerin weiter auszubauen, verarbeite ich meine Erlebnisse natürlich in einem Blogpost.
Brighton hat seit dem Mittelalter den Ruf einer Partystadt und das hat sich bis heute nicht geändert: Unkonventionell und locker, wie es nur jüngere Geschwister sein können, ist Brighton zwar kleiner als London, aber mittlerweile so hip, dass selbst Londoner zum Feiern dorthin kommen. Falls ihr glaubt, dass ich euch die heißesten Clubs, besten Geheimtipps in Sachen Party und ausgefallensten Restaurants empfehlen kann, muss ich euch aber leider enttäuschen.
Selbst, wenn ich auf den Mond flöge, wäre ich doch immer noch derselbe langweilige Mensch, der ich auch in Berlin bin. Deshalb: Meine sechs Brighton-Tipps für Entspannte, deren Sternzeichen Faultier ist.
1. Essen: Sunday is Funday
Meine erste Frage, wenn jemand im Urlaub war, ist immer: „Wie war das Essen?“. Deshalb kann ich euch ziemlich sicher noch viele Restaurants und Speisen meiner Urlaube nennen, während ich immer noch nicht ganz sicher bin, wo genau denn nun dieser schiefe Turm in Pisa war.
In Brighton war ich – allen hämischen „Englands Küche ist so grässlich!“-Kommentaren zum Trotz – gut versorgt. Da gibt es zum einen eine Reihe kleiner Imbisse, die jeden Foodtrend spiegeln, den es in den letzten Jahren so gegeben hat, aber günstige Speisen anbieten und wohl den Unis und den sparsamen Studenten geschuldet sind. Wer auch in normalen Restaurants speisen, aber nicht ganz so viel Geld ausgeben möchte: „A round of tap water“ ist durchaus üblich und man gilt nicht als Geizhals, wenn man lieber (kostenloses) Leitungswasser statt anderer Getränke konsumiert.
Mein Tipp: Sunday Roast. Ein großer Teller voller Braten, Kartoffeln, Gemüse und vor allem Bratensoße und ein paar Cider sind die perfekte Beschäftigung an einem grauen Sonntagnachmittag. Da ziemlich sicher alle um euch herum restfett und/oder verkatert sind, erspart ihr euch auch jegliche Outfit-Fragen und seid sowieso Stimmungskanone Nr. 1, wenn ihr nicht beim Essen einschlaft.
2. Shopping: Tesco statt Burberry
Natürlich, der Pfund schwächelt gerade etwas und es gibt um einiges ausgefallenere Kleidung als in Deutschland zu kaufen. Für Modeinteressierte ist also durchaus einiges geboten in Brighton.
Was mir aber noch viel mehr Spaß gemacht hat, war, einfach in Lebensmittelläden zu gehen. Tesco, Waitrose, Morrisons: Ich könnte Stunden in den Gängen verbringen und mich an kulturellen Unterschieden erfreuen.
Smoothies gibt es etwa überall und recht günstig, während Obst und Gemüse ordentlich kosten. Es gibt eine gigantische Auswahl an Glückwunschkarten (und auch an jeder Ecke einen Glückwunschkartenladen), mit teilweise sehr schmalzigen Texten, gleichzeitig sind die Briten doch als so gefühlskalt verschrien. Oder etwas weniger melodramatisch: Warum gibt es so viel weniger Gummisachen à la Haribo?
Mein Tipp: Terry’s Chocolate Orange. Eine orangenförmige Schokolade, die man auf die Tischkante schlägt und die in Schokoorangen-Spalten aufgeht. Es ist eigentlich keine Süßigkeit. Es ist eine kleine Show in Form einer Orange.
3. Das Meer: Windmaschine der Natur
Das Meer in Brighton ist kalt und rau. Geht man zu nah dran, droht einen der starke Wind umzublasen. Außerdem steht der alte, abgebrannte Pier immer noch wie ein Mahnmal im Wasser. Kurzum: Das Meer in Brighton ist kein Meer aus dem Reisebüro-Katalog, das sanft deine Knöchel umspielt. Es ist eine zwischen unterdrückter und offener Wut wechselnde wogende Masse, die bedrohlicher wird, je näher man ihr kommt.
Ich liebe es.
Mein Tipp: Ans Wasser stellen mit dramatischer Musik im Ohr (etwa Hurts – Stay) und einfach mal fühlen wie in einem epischen Musikvideo. Wie Beyonce vor einer Windmaschine. Oder Lizzy Bennet. (KEINESFALLS etwas essen – die Möwen sind so dreist, dass sie euch das Essen buchstäblich aus den Händen reißen!)
4. Der Brighton Pavillon: Lasterhaftes Lustschloss
Mitten in Brighton steht ein Schloss, das so aussieht, als hätte sich ein Größenwahnsinniger ein Domizil am englischen Meer gewünscht, aber gesagt: „Lass es indisch aussehen. Aber nicht richtig indisch. Eher so, wie in ein paar Jahrzehnten Fertigteilhäuser mit “italienischem Flair” mal italienisch aussehen werden“. Und naja, es hat sich herausgestellt, dass so etwas mit George IV. und seinem Brighton Pavilion passiert ist.
Ich will nicht zu viel verraten, aber George IV. ist das, was man in Österreich einen Filou nennt. So hat er etwa einen unterirdischen Gang zu seiner Mätresse bauen lassen, ausschweifende Partys veranstaltet und überhaupt alles genossen, was die katholische Kirche offiziell nicht so cool findet.
Mein Tipp: Seht euch das Schloss an und findet heraus, dass George IV. ein Pinterester im Herzen war, dem es wichtig war, sein Haus ungewöhnlich einzurichten („asiatisch“, so wie alle asiatischen Restaurants am Land nie wirklich chinesisch, japanisch oder vietnamesisch sind, sondern nur „asiatisch“) und seine Küche schön dekoriert zu wissen.
5. Secondhand-Shopping: I’m so pumped, I bought some shit from the thrift shop
Mitten in Brighton gibt es die Lanes. Das sind mehrere aufeinander folgende Straßen, die Inspirationsquelle für die Harry Potter’sche Winkelgasse gewesen sein könnten. Neben Bio-Teeläden reihen sich Plattengeschäfte, Rockabilly-Modeboutiquen und auch allerlei Secondhand-Shops.
Snooper’s Paradise – in der Mitte der Lanes gelegen und einer der größten Shops – bietet auf zwei Stockwerken Mode und allerlei Krimskrams. Neben den Dingen selbst ist es vor allem die Atmosphäre und die absichtliche Unordnung (jedoch nie Verdrecktheit!), die einen stundenlang im Laden zwischen Pudelköpfen aus Muscheln und Retro-Brautkleidern halten.
Wer es weniger voll und touristisch mag: Die Parallelstraßen der Lanes sind weniger pittoresk, aber dafür voller „richtiger“ Secondhandläden, die von verschiedenen wohltätigen Einrichtungen betrieben werden. Dort heißt es zwar länger nach Schätzen suchen, dafür aber auch billiger einkaufen.
Mein Tipp: Beyond Retro ist ein Second-Hand-Klamottenladen. Versucht das verrücktestmögliche Outfit zusammenzustellen und kauft das langweiligste Teil. Wenn ihr wieder daheim seid und euch euer grauer Alltag zu verschlucken droht, kann es tröstlich sein zu wissen, dass etwa die verrückte Sonnenbrille in Brighton immer noch das langweiligste Stück war.
6. Der Pier: Coin Operated Fun
Als ich ein Kind war, fuhren meine Eltern jedes Jahr ans Mittelmeer und es gab in jedem noch so lumpigen Ferienort einen Luna-Park voller Spielautomaten und Fahrgeschäfte. Als ich in Brighton auf dem Pier stand, zwischen gefühlt tausenden Arcade-Spielen, habe ich mich ein wenig wie „bald 10 Jahre alt“ gefühlt, gleichzeitig aber das Budget von “bald 30 Jahre alt” gehabt. Fazit: Man kann das verfluchte Plüsch-Faultier nicht aus diesem verdammten Automaten rausholen!
Mein Tipp: Luigi’s Mansion. Man spielt es zu zweit, hat Staubsauger-Controller und alle kleinen Kinder sehen dich neidisch an, wenn du laut lachend mit deinem besten Freund „nur noch eine Runde!“ spielst.
Eigene Bar, Buchvertrag, Weltreise: Warum Zukunftsträumereien mich grantig und neidisch machen
Wollt ihr irgendwann eine Bar eröffnen, mit euren besten Freunden? Oder doch lieber als Reiseblogger durch aller Herren Länder tingeln und von euren genialen Worten leben? Oder wollt ihr ein Buch schreiben, über eure eigene, persönliche Geschichte, die so noch nie erzählt wurde?
Ich halte solche Träumereien nicht aus. Nicht, weil ich Angst vor der Zukunft hätte oder weil ich bei glücklichen Gedanken das Kotzen kriege. Eher, weil ich eine Horde kleiner Männer in meinem Kopf habe, die jede Idee und jede Vorstellung auf Machbarkeit, Plausibilität und Wahrscheinlichkeit untersuchen.
Wenn mir eine Freundin erzählt, dass sie Mal eine Bar eröffnen will, nicke ich und sage: „Interessant.“. Innerlich läuft eine Liste ab, wie mies die Arbeitsbedingungen in der Gastronomie – selbst für die Chefs – sind, wie gering das Einkommen ist, dass man Psychologe spielen muss, für all die seltsamen Leute, die durch deine Tür kommen, und allerlei andere Nachteile.
Wenn mir jemand sagt, dass er diesen miesen, aber großartig bezahlten Job in irgendeiner Kanzlei nur ein paar Jahre machen will, bis er genug Geld hat und dann etwas machen wird, was ihm richtig am Herzen liegt, nicke ich und sage: „Ah ja? Toll.“ und lasse in meinem Kopf den Vortrag laufen, in dem deutlich wird, dass der Absprung aus der High-Income-Klasse wohl schwerer zu schaffen ist, als das Tschüsssagen zu den eigenen Träumen.
Die kleinen Männchen in meinem Kopf, die Zensoren aller schönen, idealistischen und großartigen Pläne und Träume, sind Arschlöcher. Sie schieben allen Fantastereien einen Realitätsriegel vor und machen mich wohl sehr oft zu einem Spielverderber, wenn es mal wieder um das Thema „Wie stellt ihr euch eigentlich eure Zukunft vor?“ geht.
Es fordert mir nämlich alle Selbstbeherrschung ab, meine Gedanken für mich zu behalten. Während ich beschäftigt bin, mir auf die Zunge zu beißen, schaffe ich es einfach nicht, überzeugend Interesse zu spielen. Meine einsilbigen Antworten werden wohl als Langeweile oder Desinteresse gedeutet, sind aber eher ein Zeichen dafür, dass ich möglichst jedes kritische Wort in meinem Kopf behalten will.
Warum ich meine kritische Meinung nicht jedem ins Gesicht sagen will? Diese Männchen, mit dem Realitätsriegel, der allen Träumen den Weg versperrt, werden zum einen nicht nur aktiv, wenn es um die Pläne anderer Menschen geht. Sie werden auch ganz hibbelig, wenn es um meine eigenen Pläne geht.
Zum anderen war ich früher oft wütend, wenn ich mir unausgegorene Träume anderer angehört habe. Ich hatte das Gefühl, dass jeder mit dem ich sprach, nur die Träume privilegierter Menschen widergab. Als ich gekellnert habe, habe ich etwa nie von meinen Kollegen gehört, dass sie in der Gastronomie bleiben möchten. Der Traum von der eigenen Bar, aber auch andere Fantastereien, war für mich also immer eher Spinnerei von Leuten, die immer nur den lustigen Teil, aber nie die harte Arbeit sahen.
Mittlerweile ist meine Wut aber immer mehr einer Resignation gewichen, wobei ich das nicht negativ meine. Es ist nur so, dass ich das Gefühl habe, dass nichts, ja wirklich nichts so großartig ist, wie man es sich vorstellt, gleichzeitig aber auch nicht so schlimm.
Und darauf lässt sich meine Zürückhaltung, wenn es um „Traum-Kritik“ geht auch schlussendlich reduzieren: Wenn jemand wirklich einen absurden Traum hat, dann wird er entweder irgendwann auf sein Gesicht fallen und mich meiden, weil er das Gefühl hat, ich hätte es vorausgesagt und würde nun darauf warten einen „ich hatte recht“-Tanz aufzuführen, oder er wird seine Pläne umsetzen, was einfach nur bewundernswert und cool ist. In jedem Fall leistet meine Meinung keinen wertvollen Beitrag.
Ob meine Meinung jemanden vor großen Fehlern bewahren könnte? Vielleicht. Aber dann denke ich mir wiederum: Was ist das schlimmste, was realistisch gesehen (ha!) passieren kann? Die Antwort ist meistens: Nichts, was wirklich schlimm ist.
Das liest sich jetzt alles wie ein Aufruf dazu die Klappe zu halten und seine Mitmenschen ins Verderben stürzen lassen. Aber eigentlich ist es nur mein Versuch, anderen die Möglichkeit zu geben, ihre Vorstellungen und Pläne zu teilen.
Im „schlimmsten“ Fall hör ich mir zum 1001. Mal an, was Valentin für eine geile Bar mit seinen besten Freunden Alexander und Maximilian eröffnen will. Ein bisschen neidisch vielleicht, weil ich diese Naivität abgelegt habe bzw. nie das Privileg hatte, sie zu besitzen.
Im „besten“ Fall erzählt mir aber Tatjana, dass sie eigentlich immer schon überlegt hat, Lehrerin zu werden, aber das nie gemacht hat, weil das in ihrer Jugend als „unvernünftig“ galt. Und dann kann ich sagen: „Ach ja? Interessant.“. Und ihr erzählen, wie ich mal Journalistin werden wollte, aber das etwa so illusorisch klang, wie eine Reise zum Mond. Aber jetzt, jetzt habe ich so ein absurdes Hobby. Nur ein kleiner Blog.
Statt naiver Vorstellungen haben die Menschen manchmal nämlich abgelegte Träume, die auf sie absurd und unmöglich wirken, die aber eigentlich einfach nur an den Urteilen ihrer Umgebung gescheitert sind. Und wenn man sich seine eigenen kritischen Kommentare spart, gibt man diesen verworfenen Plänen vielleicht eine zweite Chance.
All by Myself: Wie findet man Freunde?
Neue Stadt, neues Leben! Aber anstatt großartiger Abenteuer erlebt ihr eher das erste Mal Einsamkeit? Willkommen im Club. Meine Geschichte hat Blut und Tränen, Balkanweisheiten zu Blasenentzündungen und enthält nebenbei noch wertvolle Tipps zum Aufbau neuer Freundschaften.
Vorletztes Jahr im Sommer habe ich einen Tiefpunkt erreicht.
Im März bin ich nach Berlin gezogen und bis zum Sommer hatte ich mir eingeredet, ganz gut allein klarzukommen. Das „allein“ bezog sich dabei nicht auf meinen Beziehungsstatus als Single, sondern eher auf die Tatsache, dass ich Probleme hatte, in Berlin freundemäßig anzukommen.
Während ich in vorherigen Wohnsitzen durch Uni und verscheidene (Neben-)Jobs immer recht gut Bekannte und Freunde gefunden hatte, mit denen ich ins Kino, zu Pubquizzes und Brunchen (das ist meine Definition von gemeinsamem Freizeitspaß) ging, funktionierte das in Berlin nicht so schnell.
Im erwähnten Sommer musste ich den Wasserhahn in meiner Küche austauschen. Dass ich das falsche Werkzeug hatte, stellte ich fest, als ich versuchte, eine Schraube mit der bloßen Hand festzuziehen und mir dabei die Handfläche aufschnitt. Der Schock über das Blut, meine Frustration über mein Nichtkönnen im Installationsbereich und die Tatsache, dass die einzigen Menschen, vor denen ich eingestehen würde, dass ich Hilfe brauche, in anderen Ländern wohnten, war in diesem Moment zu viel für mich.
Während ich da so saß, zwischen den Überresten meiner Spüle, Blutflecken und Werkzeugen, erlebte ich zum ersten Mal bewusst den Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit. Und selbst ohne Schnittwunde hätte diese Erkenntnis wohl ziemlich weh getan.
Ich fange hier jetzt nicht an von „der großen Stadt, die so kalt und menschenunfreundlich“ ist, zu schwadronieren. Ehrlich gesagt sind Gründe für meine (selbstverursachten) Phasen von Einsamkeit so vielfältig, dass ich sie nicht in einem einzigen Blogpost aufschreiben kann (bei Interesse mache ich aber gerne eine wöchentliche Kolumne draus).
Worauf ich eher hinaus will, ist nicht, dass man Einsamkeit vermeiden soll, sondern wie man mit ihr lebt: Was machst m, wenn du feststellst, dass du dir nicht mehr bewusst „Alone-Time“ nehmen musst, weil sie auf einmal der Normalfall ist? Was machst du, wenn du in einem neuen Lebensabschnitt an einem neuen Ort bist, aber eigentlich einfach nur wieder zurück zu deinen Freunden willst, die dich kennen und verstehen?
Heißer Tipp: Steh erstmal vom Küchenboden auf. Alte Balkanweisheit: Wenn du zu lang auf kalten Fliesen sitzt, holst du dir nur eine Blasenentzündung.
Danach stellst du dich lieber mal drauf ein. dass es keine schnelle Lösung geben wird. Du kannst nichts machen, außer weiterzuleben und einen Alltag zu finden. Das klingt melodramatisch und lapidar zugleich, aber das ist es, was einen immer Kontakte schließen lässt: Räumliche Nähe und immer wieder Zeit miteinander zu verbringen.
„Aber wieso habe ich dann früher so viel leichter Freunde gefunden?!“, höre ich dich jammern. Wenn ihr du meinem Alter bist (Ende zwanzig), bezieht sich dein „früher“ wahrscheinlich auf die Schulzeit. In der Schule hast du jeden Tag mit deinen BFFs verbracht, was beweist: Räumliche Nähe + Zeit = Freundschaft.
Wenn du nun Ausbildung/Schule/Studium hinter dir hast, ist meine steile These, dass es vor allem der Zeitfaktor ist, der es dir schwer macht, neue Kontakte zu knüpfen. Um den Vertrautheitslevel zu erreichen, den ich etwa mit meinen Studienfreundinnen habe, müsste ich mit anderen Menschen gefühlt ein Jahrzehnt neben meinem Job, deren Beziehungen, Kindern, Haustieren befreundet sein. Mittlerweile haben wir nämlich alle noch zahlreiche Nebenverpflichtungen, die die freie Freundschaftszeit verkleinern.
Wenn du in einer neuen Umgebung bist, musst du deshalb auf dich nehmen, dass sich neue Freundschaften langsamer entwickeln. Indem du sowas wie einen Alltag für dich findest und ihn einfach immer und immer und immer wiederholst, hast du irgendwann zumindest gute Bekannte gefunden. Und wenn du großes Glück hast, hast du irgendwann auch Freunde. Das liest sich wie der unmotivierteste Freundschaftsratgeber der Welt, aber es ist das einzige, was verlässlich funktioniert.
Was das Vermissen deiner alten Freunde angeht: Du vermisst eine im Nachhinein verklärte Version deines alten Freundeskreises, den es in der Gegenwart so nicht gibt und auch nie gegeben hat. Aber kleine Aufmunterung: Auch das, was du irgendwann als krassen Moment des Versagens empfindest, wirst du rückblickend als kleinen Einbruch abtun.
Das alles sind Tipps der Kategorie „lahm aber wahr“ und es tut mir leid, dass es keine lustige Auflösung gibt. Aber vielleicht hilft es dir zu wissen, dass es sogar für introvertierte Menschen, die wenig Hobbies haben und viel Couchzeit brauchen, besser wird: Ich baue heute meinen Geschirrspüler ein. Mit richtigem Werkzeug und fünf Telefonnummern auf Schnellwahl, die mir helfen, falls ich meine Küche unter Wasser setze.
5 Lifehacks, nach denen du keine Lifehacks mehr brauchst
Lifehacks sind toll, versprechen sie doch schnelle Lösungen auf Probleme, die wir alle kennen. Leider ist es oft so, dass die kleinen Tipps nur funktionieren, wenn man Geld, Zeit und Können mitbringt. Was die Anzeichen für miese Lebenstipps sind und 5 endgültige Lifehacks, nach denen ihr nie wieder welche braucht, findet ihr hier.
Ich habe eine Schwäche für Lifehacks. Die Möglichkeit, dass kleine Tipps meine Alltagsaufgaben erleichtern oder gar verschwinden lassen können, finde ich so grandios, dass ich auf jeden Link und jede Anzeige klicke, die mir verkündet, dass ich etwa Eiswürfel all die Jahre falsch verwendet habe.
Neben der Frage, ob die Welt in den nächsten Jahren untergeht, weil einer der größten Industriestaaten der Welt einen neuen, nicht ganz so kompetent wirkenden Führer hat, schwirrt in meinem Kopf genauso herum wie die Frage, wie viele Jahre ich wohl noch mit meinen Großeltern sprechen werde können.
Und obwohl mich beides wirklich beschäftigt, ist es dennoch die Frage „Wie kann ich [lästige Tätigkeit hier einsetzen] möglichst knapp halten, um noch was vom Tag zu haben?“ die, die den größten Teil meines Denkens einnimmt.
Wenn mir dann Lifehacks versprechen, sie würden meinen Alltag leichter machen, ist das zunächst Balsam auf meiner zwischen „Schon wieder dreckiges Geschirr waschen?!“ und „Wo kommt dieser Haufen Schmutzwäsche her?!“ zerriebenen Seele.
Stellt sich aber heraus, dass diese Tipps nur so tun, als wären sie leicht und schnell umzusetzen, in Wirklichkeit aber für ihre Umsetzung eine Tischlerausbildung, fünftausend Euro und ein halber Heimwerkermarkt gebraucht wird, werde ich pissig.
3 Anzeichen für Lifehacks der Kategorie Life-Dreck
- Alles was mit Europaletten zu tun hat
Ganz abgesehen davon, dass es in etwa so edgy und außergewöhnlich ist wie Ziegenkäse auf Salat, ist es auch einfach kein Lifehack. Denn niemand, wirklich niemand den ich kenne, hat einfach so ein paar Europaletten zuhause. - Alles was mit Klopapierrollen als Ordnungssystem zu tun hat
Klar kann ich all meine Kabel in alten Klopapierrollen sortieren. Aber nach spätestens drei Mal herumsuchen, wo denn das verfluchte Mini-USB-Kabel ist, sieht das neue Ordnungssystem schmierig und abgefummelt aus. Und diese zwei Adjektive will ich in Verbindung mit Klopapierrollen nicht hören. - Alles, was die Worte Effizienz/CEO/Erfolg und Karriere in der Überschrift hat
Wenn das Geheimnis zum Erfolg in einer Liste steht, die dein überehrgeiziger, aber auch unglaublich fauler Ex-Studienkollege gelikt hat, wette ich fünf Euro, dass es kein Erfolgsfaktor ist. Außerdem: Glaubt ihr wirklich, dass Marie Curie, Michelle Obama oder Angela Davies nur mit Tricks erfolgreich geworden sind?
5 endgültige Lifehacks
Je mehr Lifehacks ich lese – und ich habe wirklich, wirklich viele gelesen – desto mehr scheint es mir, dass sich all die Tipps und Tricks auf folgende Punkte reduzieren lassen:
- Sei reich
Bist du reich, kannst du dir jeden Scheiß kaufen. Und die Dinge, die du selbst basteln willst, bastelst du mit den richtigen Werkzeugen in einem Bastelraum. Und nicht mit UHU-Stick und Klopapierrollen auf dem Wohnzimmerfußboden, der komischerweise noch zwei Jahre später davon glitzert. - Sei arbeitslos
Wenn du arbeitslos bist, hast du neben dem gesellschaftlichen Druck endlich einen Job zu finden – Hier bitte Altmännerstimme einfügen, die keift: „Wer arbeiten will findet doch einen Job, verdammt!“ – auch viel Zeit. Ich glaube, dass nur Menschen, die viel Zeit haben, auch wirklich all diese Kochtipps umsetzen können, die sich so im Internet tummeln und einem versprechen, dass die drei Tage gekochte Pastasauce viel besser schmeckt als die aus dem Barilla-Glas. - Gehör keiner Minderheit an
Zugegeben, dieser Lifehack kommt weniger aus klassischen Buzzfeed-Listen à la „10 Tipps um effizienter zu arbeiten“ und mehr von den Politik-Seiten großer Tageszeitungen. Aber mir scheint, dass keiner Minderheit anzugehören, einem viel mehr Zeit gibt effizienter zu arbeiten. Anstatt etwa in der Arbeit zu beweisen, dass man echt was drauf hat, obwohl man eine Frau/lesbisch/Migrantin ist oder eine Behinderung hat, kann man als „normaler Mensch“ einfach gleich loslegen mit der Arbeit! DAS ist doch mal effizient! - Hab keinen Sex
Viele Lifehacks beschäftigen sich mit Nachwuchs. Womit man ihn auf langen Autofahrten beschäftigt, was sie im Flugzeug alles machen können, wie man ihnen die schönsten Faschingskostüme bastelt. All das kann man sich ganz toll sparen, wenn man einfach nicht mit jemandem schläft und sich schwängern lässt. Passend dazu: Wer gar nicht flachgelegt werden will, muss auch nicht gut aussehen. Also gleich noch mehr Zeit im Badezimmer eingespart! - Akzeptiere, dass das Leben Leiden ist
Keiner der Lifehacks sagt das ausdrücklich. Aber so manche zwingen einen zur Wiederholung unglaublich stupider, eintöniger Handlungen um dann schlussendlich irgendeinen Gegenstand zu produzieren, den man aber eigentlich gar nie in seinem Leben vermisst hat. Zunächst hat mich das geärgert. Aber die Dreistigkeit, mir keine stupiden Aufgaben abzunehmen, sondern mir neue einzureden, kann ich entweder auf pure Bösartigkeit oder eine tiefere und wahnsinnig bewundernswerte Form des Nihilismus zurückführen. In jedem Fall: Respekt.
All meinen Zynismus bei Seite: Es gibt sie sicherlich, die nützlichen, kleinen Ratschläge und Tipps, die unser Leben aber eben auch nur ein klein wenig besser machen. So lange man das im Hinterkopf behält und nicht erwartet, auf irgendeiner Webseite in zehn Punkten die großen Geheimnisse des Lebens aufgeschlüsselt zu bekommen, sind Lifehacks wie Traubenzucker vor einer schwierigen Prüfung: Es gibt einem einen Boost, aber ersetzt nicht die harte Arbeit des Lernens. Oder einen guten Schummelzettel.
Im falschen Film: Male Gaze hat meinen Kinoabend versaut
Das Ding mit Meinungen ist ja, dass jeder eine hat. Über Kritikermeinungen zu schimpfen ist deshalb etwa so gewitzt wie über Kim Kardashian herzuziehen. Warum ich ersteres trotzdem tue und was nackte Asiatinnen, Tentakel und Quentin Tarantino damit zu tun haben, erfahrt ihr hier.
Ich fand Oldboy (das südkoreanische Original) toll. Ein Film über Isolation, Liebe und Rache. Mit dieser speziellen Mischung aus Humor und Gewalt, die in Quentin Tarrantinos Filmen wohl das letzte Mal 1992 zustande kam. Als es dann hieß, Park Chan-wook, der Regiesseur von Oldboy, habe ein neues Projekt, war ich gespannt.
Der Trailer zu „The Handmaiden“ versprach auch viel: Der Film spielt in Korea in den 1930ern, hat schnelle Schnitte, einen verstörend minimalistischer Soundtrack und ein paar angedeutete Plottwists. Ich erwartete einen unkonventionellen Film, der einen neuen, scharfen Blick auf die oft verkitschten Erzählungen aus „dem fernen Osten“ werfen würde.
Schlichtweg: „The Handmaiden“ wäre ein Film, den ich mir zum ersten Mal im Kino und dann mehrmals zuhause ansehen würde. Nachdem ich ihn mir angesehen habe, kann ich sagen: Wow, bin ich wütend. Aber das ist erst die zweite Stufe meiner Emotionen. Zunächst war ich verwirrt.
Der Plot ist schnell erklärt und ich will auch gar keine Wendungen vorwegnehmen: Es geht um ein Hausmädchen, das aber eigentlich die Komplizin eines Trickbetrügers ist und in das Haus eines vermögenden Mannes eingeschleust wird, um dessen Nichte davon zu überzeugen, den Trickbetrüger zu heiraten. Aber nichts ist so wirklich wie es zu Anfang scheint und die Wahrheit wird in drei Filmkapiteln enthüllt.
Es waren aber nicht die vielen Wendungen, die mich verwirrten. Ich war auch nicht schockiert von den expliziten Gewaltdarstellungen und Sexszenen – niemand, der länger als fünf Minuten im Internet verbracht hat, wäre verstört davon – sondern eher irritiert von der Art der Inszenierung: Anstatt mir eine neue Sichtweise auf eine (Liebes-)Geschichte zu zeigen, hat man mich nur durch dieselbe schmierige Linse sehen lassen, mit der auch jeder x-beliebige Softporno gedreht wird.
„The Handmaiden“ war – neben einer überraschend vorhersehbaren Erzählung – eine krude Mischung aus allen sexuellen Vorurteilen, die über japanische bzw. koreanische Männer und Frauen und lesbischen Sex im Allgemeinen im Umlauf zu sein scheinen. Und ja, es kommt auch ein Oktopus vor.
Besonders deutlich wird diese Voreingenommenheit bei der Darstellung des Sexes der beiden Hauptdarstellerinnen: Da ist schummriges Licht, da sind Kimonos, da sind matt-schimmernde Körper und Liebeskugeln. Was nicht da ist: Respekt vor den Charakteren, Empathie in der filmischen Darstellung, nur pure Wollust, die in einer klischeehaften Darstellung ihren Höhepunkt (haha!) findet.
Klar, könnte ich das als asiatischen B-Film abtun und einfach als Kino-Fehltritt abhaken.
Da kommen wir aber auch zu dem Punkt, bei dem ich von Verwirrung zu Wut geschwenkt bin. Mehrere renommierte Filmkritiker bescheinigen dem Film großartig zu sein. Loben die Bildsprache, das atemberaubende Aussehen der Aufnahmen und vor allem auch die sexuelle Freiheit zwischen den beiden Hauptdarstellerinnen.
Zu keinem Zeitpunkt stellt jemand die Frage, ob sexuelle Freiheit wirklich mit dem Anteil nackter Frauenhaut auf der Leinwand steigt.
Erst, als ich bewusst nach anderen, diverseren Stimmen suche (vielen Dank an dieser Stelle an Magdalena Miedl und Julia Pühringer), finde ich meine Verwirrung in Worte gefasst. Da wird präzise argumentiert, dass die Darstellung des (lesbischen) Sexes in diesem Film weniger der Realität oder gar einer weiblichen Vorstellung von Sex folgt, sondern klar nur einem Ziel dient: Dem männlichen Blick zu gefallen.
Hier geht es nicht darum, dass ich den Film schlechter fand, als angepriesen. Hier geht es auch nicht darum, dass ich anderer Meinung bin als irgendwelche Kritiker. Es geht mir darum, dass ich statt Zuseherin plötzlich Hauptdarstellerin im Lehrstück „Warum in einer Minderheit zu sein nach Scheiße stinkt“ war.
Mein Kinoerlebnis war ein kleiner Vorgeschmack davon, wie es so ist, wenn Meinungsbildner eine homogene Gruppe sind, zu der man selbst nicht gehört. Stellt euch mal vor, in Vorständen und politischen Ämtern wäre das auch so. Da würde ich ja glatt glauben, ich wär im falschen Film.
Besserwissen: Ich klugscheißere um gemocht zu werden
Seid ihr schon mal neben einem Klugscheißer gesessen, der nur irgendwelche beliebigen „Fun Facts“ ausgekotzt hat? Ihr wolltet demjenigen am liebsten an die Gurgel springen? Der Sprücheklopfer war vielleicht ich. Als Entschuldigung für all die Male, als ich euch das Weiße aus den Augen genervt habe, habe ich über die Gründe für meinen Besserwissen-Modus geschrieben.
Wusstet ihr, dass Michael Keaton eigentlich Michael Douglas heißt, aber sich unbenannt hat, weil es einen Schauspielers diesen Namens schon gab? Den Nachnamen „Keaton“ suchte er sich aus Respekt für Buster Keaton aus.
Als Kind habe ich geglaubt, man ist beliebt und erfolgreich, wenn man viel weiß. Das ist wohl etwas, was sich alle Kinder einreden, die ganz gut in der Schule, aber sozial etwa so begabt sind wie ein Kieselstein.
Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass das Blödsinn ist. Wir wissen alle, dass selbst, wenn man alles weiß, man nicht automatisch beliebt, ja nicht mal erfolgreich ist. Und das ist gut so. Denn soziale Komponenten, wie Einfühlungsvermögen, Offenheit und Geduld zählen aus einem Guten Grund zu den Faktoren, die einen beliebt machen.
Schade ist aber, dass ich, sobald ich nervös bin oder mich unwohl fühle, ganz auf diese Grundregel vergesse.
Wusstet ihr, dass es Theorien gibt, dass Menschen theoretisch von Kartoffelpüree mit Butter leben könnten, ohne Mangelerscheinungen zu bekommen?
Wenn ich mit Menschen unterwegs bin, die ich nicht so gut kenne, fühle ich mich unwohl. So weit, so normal. Aber anstatt wie jeder zivilisierte Mensch Gemeinsamkeiten zu finden, oder einfach nur simplen Smalltalk zu führen, verfalle ich zuerst in Schweigen, weil ich nichts Dummes sagen will. Bis jemand etwas sagt, wozu sich ein winziges Fitzelchen Wissen in meinem Kopf findet. Dann hake ich mich ein und sage lauter – in meiner Vorstellung – kluge Dinge.
Solche Bemerkungen können unterhaltsam sein, aber die Leute auch einfach glauben machen, dass du ein Klugscheißer bist.
Apropos Klugscheißer: Wusstet ihr, dass der Begriff „Besserwisser“ auch in Schweden und Norwegen geläufig ist?
Und ich nehme es den Menschen, die mich schräg ansehen, nicht übel. Früher dachte ich, dass Menschen neidisch wären auf mein Wissen, auf meine Intelligenz. Heute würd ich mich gerne selbst in den Arm nehmen und sagen: „Niemand hat dich um deine verfluchte Meinung gefragt!“.
Denn das ist nämlich das eigentliche Problem: Während andere Menschen einfach nur reden oder etwas besprechen wollen, was ihnen wichtig ist, bekomme ich sowas wie Sprechdurchfall und lasse eine unnötige Information nach der anderen aus meinem Mund purzeln. Als würde nur die eine richtige Bemerkung, nur das eine Stück unnützen Wissens mich beliebt werden lassen.
Wusstet ihr, dass die einzigen beiden Portraits, die es von Jane Austen gibt, von ihrer Schwester gemalt wurden. Eines zeigt sie von hinten.
Leider hört es nicht auf damit, dass ich vermeintlich clevere Beiträge zu Unterhaltungen leiste. In besonders schlimmen Momenten bessere ich Leute aus. Jetzt kann man sagen: „Was ist so schlimm daran, wenn man Leute darauf hinweist, dass sie falsch liegen?“.
Wenn du es mit der Feinfühligkeit eines Traktors machst und dabei auch noch diesen verflucht überheblichen Ausdruck auf deinem Gesicht hast – den sogar dein bester Freund an einem guten Tag „Anas Ich-bin-klüger-als-du-Gesicht“ nennt – dann wirkt es nicht nett, oder hilfreich. Nein, es wirkt einfach belehrend. Und lasst es euch gesagt sein: Die Leuten stehen – zu Recht – nicht darauf belehrt zu werden.
Wusstet ihr übrigens, dass der „Gute Rutsch!“ gar nichts mit Rutschen zu tun hat? Es kommt eher vom jiddischen „Gut Rosch“, was eine Kurzform von Rosch ha-Schanah ist, dem jüdischen Neujahrfest.
Das hier ist kein „Die dummen, dummen Menschen verstehen meine Klugheit nicht!“-Post. Es ist eher eine Erklärung, warum ich klugscheißere. Nicht, weil ich glaube, dass ich die Klügste im Raum bin. Eher habe ich in manchen Momenten das Gefühl, nichts anderes zu einer Runde unglaublich cooler, liebenswürdiger und lustiger Menschen beitragen zu können, als die seltsamen Wissensfetzen in meinem Kopf.
Wenn ihr das nächste Mal neben jemandem sitzt und ihr habt das Gefühl, dass derjenige euch in vermeintlich klugen Wortmeldungen ertränken will, dann habt ihr jedes Recht ihn für einen Klugscheißer zu halten. Aber vielleicht versteckt sich hinter dem Besserwissen einer, der es in manchen Situationen einfach nicht besser kann.